Stadtretter-Podcast #11
“New Life in alten Immobilien”

Hier kommt Folge 11 für Euch!

In dieser Folge sprechen wir mit Albert Achammer von ATP architekten und ingenieure und Thomas Stini von Redserve über das NEW LIFE von leerfallenden Großimmobilien.

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Frank Rehme: Mein Name ist Frank Rehme. Ich beschäftige mich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Handel, Handelsinnovation und speziell auch in Städten und ich gebe jetzt einfach mal die Vorstellungsrunde durch und fang an mit dem lieben Stefan Müller-Schleipen. Hallo Stefan, stell dich doch mal kurz vor.

Stefan Müller-Schleipen: Guten Morgen in die Runde. Ja, mache ich gerne. Ich bin Stefan, sitzt gerade im Stadtretter Homeoffice, Mitbegründer der Initiative der Stadtretter und eigentlich im Moment zu 100 Prozent mit Stadt retten ausgelastet, wobei ich das gar nicht so mag, weil ich bin nicht der Stadtretter, sondern das Netzwerk ist es. Das reicht zur Vorstellung, glaube ich, fürs Erste.

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Frank Rehme: Ja, dann gehen wir weiter zum Albert.

Albert Achammer: Ja, mein Name ist Albert Achammer. Ich bin Architekt, arbeite für ein Unternehmen namens ATP architekten ingenieure und das ist ganz spannend, weil auch wir haben ein Netzwerk an vielen Mitarbeiterinnen, die sich gemeinsam komplexen Themen und Problemen widmen.

Frank Rehme: Ja, und dann haben wir noch den Thomas da.

Thomas Stini: Schönen guten Morgen, mein Name ist Thomas Stini, heute aus dem sonnigen Berlin. Ich bin der Geschäftsführer der Redserve in Deutschland. Wir sind ein Projektentwickler und beschäftigen uns mit verschiedenen komplexen Aufgaben. Das Thema Stadt und Innovation ist so ein Thema, das mir persönlich am Herzen liegt und darum freue ich mich, heute hier dabei sein zu dürfen.

Frank Rehme: Ja, und da sind wir bei dem ganz heißen Thema gerade: Stadt. Wir reden ja über ganz viel Leerstände, die momentan in den Innenstädten sind und da ist ja jetzt noch mal eine Verschärfung mit reingekommen durch die Leerstände in Großimmobilien. Und da haben die Stadtretter ja eine Initiative auf die Beine gestellt und mein lieber Stefan, erzähl doch mal, was denn dahinter steckt, hinter dieser Initiative?

Stefan Müller-Schleipen: Da steckt eigentlich viel Schmerz dahinter, weil uns das wehtut, was gerade in den Innenstädten abgeht. Wenn man aber gerade sagt, ist das ja eigentlich falsch, weil der Niedergang der Warenhäuser, den gibt es schon lange. Den gibt es ja schon seit 2009, das war so die erste Schließungswelle. Wir erinnern uns an Horten, Hertie und jetzt kommt dann noch Karstadt. Also das sind ja alte Traditionshäuser und wer sich erinnert, die sind 2008/2009 in die erste Schließungswelle gegangen. Ich empfehle immer ein Artikel aus dem Spiegel, der heißt das große Sterben. Wenn ihr den googelt, sehr interessant, wenn man ihn liest, denkt man: Das beschreibt genau die heutige Situation. Der ist aber schon 15 Jahre alt, der Artikel und man stolpert immer nur drüber, dass die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler nicht mehr Angela Merkel heißt und der regierende Bürgermeister in Berlin nicht Klaus Wowereit, aber sonst ist das ein Thema, was uns eigentlich schon viel länger beschäftigen müsste oder beschäftigt haben sollte und das tritt jetzt in geballter Massivität auf und das treibt uns um und immer wenn wir so was sehen, fragen wir uns: Warum macht man nicht? Man könnte doch… Und wir machen dann. Und wir haben uns, Gott sei Dank gefunden, mit den anderen Beiden. Die werden gleich ein bisschen was darüber erzählen, warum es NEW LIFE gibt oder jetzt bei uns gibt. Das liegt daran, dass wir zu ungeduldig sind, um nicht nur zugucken können, sondern ins Machen kommen wollen, das ist das Thema eigentlich.

Frank Rehme: Du hast jetzt gerade die Wörter NEW LIFE eingebracht, was steckt dahinter?

Stefan Müller-Schleipen: Wir waren ja eigentlich eingeladen, deswegen spiele ich den Ball gleich zum Albert rüber.

Frank Rehme: Ja.

Stefan Müller-Schleipen: Albert, was ist NEW LIFE? Du kannst es besser erklären, als sich.

Albert Achammer: Naja, NEW LIFE steht erstmal nur für neues Leben. Wir haben das genannte neues Leben für Warenhausimmobilien und das kam ein bisschen aus der Idee heraus, damals mit der nächsten Schließungswelle um die 2020er Jahre herum, dass uns aufgefallen ist: Hoppla, jetzt wird langsam ernst. Und viele von diesen Warenhäusern stehen eigentlich in wahnsinnig prominenten und wichtigen Orten unserer Städte. Und haben für uns als Unternehmen erstmal gesagt: Da haben wir ein gesellschaftliches Thema, eine gesellschaftliche Verantwortung, damit sollten wir uns vielleicht mal interdisziplinärer auseinandersetzen. Die Frage ist nämlich nicht so einfach zu beantworten. Ein alter großer Händler, so wie zum Beispiel Galeria Karstadt raus und ein Neuer hinein. Es gibt aber keinen Neuen mehr und diese Immobilien wurden genau für dieses Geschäftsmodell entwickelt. Das heißt, man endet sozusagen mit einer Immobilie, die maßgeschneidert ist für ein Programm, das vor allem in der Nachkriegszeit extrem intensiv betrieben wurde und immer weniger Relevanz hatte und hat dann diese Immobilie am Klotz und als Eigentümer oder als Stadt oder als Nutzer und Betreiber immer weniger Möglichkeiten damit umzugehen. Deshalb haben wir gesagt, das braucht eigentlich einen ziemlich interdisziplinären Ansatz aus Planern, aus Öffentlichkeit, also der Stadt, der Kommune, aus Betreibern, aus Investoren, aus Nutzern, um mal alle Karten auf den Tisch zu legen und gemeinsam mal darüber nachzudenken: Was könnte man denn mit diesen Filetstücken in so vielen Innenstädten wirklich machen? Und nur abreißen und neubauen, war für uns immer zu wenig. Nämlich aus dem Grund, dass diese Immobilien relativ viel hergeben und deshalb haben wir gesagt: Komm, lass uns mal aus unserem eigenen ATP-Kosmos herausgehen und versuchen die Fühler auszustrecken nach anderen Mitstreitern in der Szene, die sich damit vielleicht mit uns zusammen auseinandersetzen wollen. Und haben dann eine Gesprächsreihe gegründet, wo wir eben Mitstreiter aus allen möglichen Bereichen, von der Öffentlichkeit über Stadtplanung bis hin zu Immobilieninvestoren, Verbänden und so weiter, eingeladen haben, um mit uns gemeinsam darüber zu diskutieren und vielleicht auch neue Modelle zu entwickeln, was denn da passieren könnte und so haben wir uns eigentlich über dieses Thema auch mit den Stadtrettern vernetzt und kennengelernt und so ist daraus dann jetzt auch diese gemeinsamen Initiative gewachsen.

Frank Rehme: Ja und ich sage mal, wir haben ja hier schon öfters über dieses Thema auch gesprochen und wir haben ja den großen Kosmos da mal aufgemacht, angefangen von welche Konzepte nimmt man überhaupt, wie sieht es planungsrechtlich aus und solche Geschichten alle. Thomas, habt ihr frischere Ideen? Gibt es bessere Ideen als das, dass man daraus irgendwie ein Hotel baut oder irgendwie ein großes Fahrradparkhaus ausmacht?

Thomas Stini: Ja, den Ball, den du mir zuspielst, den nehm ich gerne auf und ich kann mich nur anschließen an das, was Stefan und Albert gerade gesagt hat, es gibt ja nicht die eine Lösung und das ist ja total schön, das zu verstehen. Früher diese Kaufhausimmobilie, das war ja die eine Lösung für die Innenstadt und jetzt hat sich die Welt weiterentwickelt und wir kommen darauf: Es gibt nicht diese eine Lösung. Was wir eigentlich geschaffen haben über die letzten Jahrzehnte ist, dass jede Innenstadt gleich aussieht. Jetzt nimm mal Osnabrück und vergleich sie mit Darmstadt und nimm mal Essen und vergleich sie mit Wittenberge. Wenn du dann ein Foto machen würdest und die miteinander vergleichst, du siehst keinen Unterschied mehr. Also das haben wir eigentlich geschafft. Wir haben uns verleiten lassen vom Handel, der irgendwie diktiert, der Handel muss in die Stadt und die Stadt braucht den Handel und jetzt ist irgendwie alles gleich geworden und wir haben diesen Einheitsbrei geschaffen und jetzt kommt man irgendwie auf die Idee und sagt: Jetzt funktioniert halt dieses Geschäftsmodell nicht mehr. Wieso nicht mehr? Vielleicht Post Corona, vielleicht Digitalisierung, vielleicht eben auch gerade mit dem Online einkaufen und man hat die Möglichkeit da eben so einen Raum, der gerade leer steht, irgendwie neu zu denken und jetzt ertappen wir uns alle gerade dabei, dass wir eigentlich keine Ahnung haben, was wir brauchen. Und das ist ja das Schöne an der Sache, also eigentlich sich jetzt hinstellen zu können und zu sagen: Wir haben es noch nicht verstanden, aber wir treffen uns jetzt, wir gründen Initiativen, wir sind betriebswirtschaftlich getrieben, technisch, regulatorisch und beginnen eigentlich gemeinsam darüber nachzudenken, was würden wir gerne wollen an diesen Orten. Und jetzt darf man schon sagen, wir sind die guten Bösen, ja, also wir müssen natürlich eben auch und wir dürfen und wir können und wir sind ganz mit Zahlen und mit dem Baurecht und mit den anderen Themen, die uns hier begleiten, aber einfach zu sagen und das ist schon eben auch vom Albert heraus getrieben und ich durfte mich dann früh mitbeteiligen, zu sagen, wir sind da vielleicht auch nur die jungen Wilden, die sagen: Lasst uns doch mal drüber sprechen, also liebe Stadt, wie seht ihr das? Finanzierer, Investoren, wie seht ihr das? Gibt es doch andere Lösungen, über die wir gemeinsam beginnen können nachzudenken? Und trotzdem die Städte dann eben auch Schritt für Schritt wieder in eine neue Richtung eben aufstellen zu können. Und weil du gefragt hast, Frank, gibt es eine Lösung? Die gibt es nicht, aber es gibt diese große Bereitschaft und den Willen gemeinsam drüber nachzudenken, was dieser Ort, der Ort für sich, der einfach speziell ist, eigentlich benötigt, um erfolgreich zu sein, um schön zu sein und betriebswirtschaftlich überleben zu können. Und genau dieses Austarieren zwischen all diesen verschiedenen Bereichen und Faktoren, das ist NEW LIFE und darum haben wir das eben gegründet.

Stefan Müller-Schleipen: Sehr schön, weil Thomas, ich muss da noch was ergänzen, du sprichst mir aus dem Herzen. Wir haben ja nicht nur ein riesen Problem mit diesen leerfallenden Klötzen, sondern wir haben eine riesen Chance, zentrale Orte, unsere Innenstädte, einer neuen Funktionalität zuzuführen und diese Chance, ich habe Angst, dass wir diese Chance gerade verbasteln. Da wird ja immer dieses Mixed Use als die Lösung für solche Immobilien angeführt, aber ich glaube, Mixed Use ist genau der falsche Ansatz. Mixed Use ist für mich denken in Asset-Klassen und die Asset-Klasse Retail funktioniert nicht mehr, also denkt man in der Asset-Klasse Büro und Wohnen und sagt dann: Ja, wir machen da Büro und Wohnen rein und dann haben wir da eine Lösung für diese Immobilie. Und das ist genau der Fehler. Wir dürfen nicht mehr in Asset-Klasse denken und wir dürfen auch nicht in die Immobilie denken, sondern wir müssen gucken: Welche Funktionalität braucht so eine Immobilie, um das umlegende Quartier zu stärken? Das heißt, man muss erstmal darüber nachdenken: Wer wohnt da? Wie alt sind die? Was ist das für eine Sozialstruktur? Wie ist die Versorgung dieses Quartiers? Sprich: Was bräuchte so eine Immobilie, um das umliegende Quartier zu stärken? Da würde ich gerne hin und das Interessante ist ja, wir sprechen ja mit allen, wir sprechen mit Eigentümern, wir sprechen mit der Stadt und ganz oft denkt man erst mal: Die kommen ja gar nicht zusammen, weil die Stadt was anderes will als der Eigentümer und dann hakt es und dann geht es nicht voran. Wenn man die aber in die Kommunikation bringt und sagt: Guck mal, wenn ihr den umlegenden Platz zu dieser Immobilie vielleicht auch noch in die Aufwertung dieser Immobilie mitdenkt und etwas größer denkt, dann geht die Stadt auch mal unkonventioneller Wege mit und das wollen wir aufbrechen, also das Thema gemeinsam und neu denken, was Thomas und Albert gerade so schön beschrieben haben, das ist genau das, was uns umtreibt und da passiert noch viel zu wenig.

Frank Rehme: Jetzt mal ein kurzer Hinweis in eigener Sache und zwar könnt ihr die Stadtretter auch unterstützen und das ohne einen Cent auszugeben, indem ihr einfach die Stadtretter weiter empfehlt, den Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden davon erzählt, welche cooles Netzwerk das hier ist, dann könnt ihr natürlich gerne eine Bewertung im Podcatcher eurer Wahl abgeben, am besten natürlich immer fünf Sterne und abonniert den Newsletter, dann seid ihr immer bestens informiert. So, jetzt geht es aber weiter.

Thomas Stini: Vielleicht auch eben anschließend, ich finde immer so, wo sind denn eigentlich so die Vorbilder, die man sich sucht? So, sind die jetzt vom Norden in Süden oder von Osten in Westen oder traut man sich jetzt mal, das ist ja schön am Globus, der ist rund, dann kann man drehen, vielleicht auf dem Finger wie ein Basketball und dann sagt man mal stopp und dann guckt man sich jetzt hier mal an: Wie machen es denn andere Städte? Dass sich eine Stadt bewegt, dass die erfolgreich ist und dann erfolglos, dass sich Dinge verändern, die Demografie, dass Menschen älter werden, dass Menschen wegziehen, dass eben ein Viertel verfällt, dass eben gentrification einzieht, das sind ja alles Prozesse, die sind ja nichts Neues, ja wir tun ja so, als würden wir das nicht verstehen, was da gerade passiert. Und wir tun jetzt irgendwie so, als wären die Probleme in Shanghai und Bangkok jetzt irgendwie total anders. Und das sind so irgendwie, wir haben es leider, aber wir sind auf einem guten Weg, wir haben es leider verabsäumt, die letzten Jahre überhaupt drüber nachzudenken: Was könnte denn das eigentlich sein, dieses Örtchen, wo man sich trifft? Das ist ja nicht nur die Warenhausimmobilie, was praktisch dieser Eifelturm ist in der Stadt, wo man irgendwie da hingezogen wird, sondern die Frage ist ja, diese ganzen Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, um die wieder zu beleben und das ist eben auch anschließend an das, was Stefan gesagt hat, die stehen und fallen ja nicht mit diesem einen Punkt, sondern eben drüber hinauszudenken, in welchen Bereichen man sich eigentlich noch herumtreiben muss, um diese, diese Orte wieder beleben zu können. Und natürlich gibt es viele Themen, rechtliche Themen, baurechtliche Themen, die es uns verbieten, eigentlich über die Grenzen hinauszudenken. Aber das Schöne ist eben, dass man eben genau mit diesen Initiativen beginnt, eben diese Grenzen wieder aufzubrechen und auch die Grenzen der Kommunikation aufzubrechen zwischen der Stadt, zwischen den verschiedenen Nutzern, zwischen den verschiedenen Eigentümern und das Ganze eben vernetzter zu denken und eben interdisziplinär zu denken.

Stefan Müller-Schleipen: Genau.

Albert Achammer: Vielleicht hake ich da nochmal ganz kurz ein, ich habe das neulich mal bei einer Feier gesagt und ich finde, das passt gerade ganz gut, nämlich auch zu denken, wie unsere Städte insgesamt funktionieren und wo wir auch im Städtebau, im europäischen Städtebau herkommen. Also der europäische Städtebau ist ja geprägt von einer Abfolge von unterschiedlichen Situationen, von Plätzen, von Gassen, von Räumen, die sich aufmachen und Räumen, die sich wieder schließen und so weiter und so fort. Er ist aber auch geprägt von, sagen wir mal, demokratischen Häusern und Häusern, die als primus inter bares am Platz stehen. Von Monumenten, wie zum Beispiel dem Dom in der Innenstadt und von eben dem Zinshaus, das sich von seinem Nachbarn kaum unterscheidet. Und diese Warenhäuser, über die wir sprechen, die kann man mittlerweile, egal ob die jetzt nach dem ersten Weltkrieg oder nach dem zweiten Weltkrieg entstanden sind, schon auch in ihrer reinen Größe und Form als Monumente unserer deutschen Innenstädte begreifen. Und wenn man das tut, dann kann man denen auch eine andere Funktion zumuten als nur sozusagen, die klassische Asset Klasse, die jeder Immobilienentwickler kann, wie das der Stefan vorher gesagt hat, also ich mache da jetzt Office und Wohnen rein. Dann kann man vielleicht auch drüber nachdenken, ob die eine Funktion im städtischen Kontext übernehmen können, die vielleicht die reine normale Immobilienentwicklung nicht übernehmen kann. Und das ist eigentlich wahnsinnig spannend, wenn man drüber nachdenkt, wie diese Gebäude vielleicht auch anders genutzt werden können. Wir sprechen dann plötzlich über Dinge, die der gesamten Gesellschaft nutzen, über Schulen, über Jugendzentren, über wer weiß worüber. Also das sind dann eigentlich die Dinge, wo sich spannende Ergebnisse auftun können. Stefan, du zappelst schon, du wolltest was sagen.

Stefan Müller-Schleipen: Ja, ich scharre mit den Hufen. Genau das ist das Thema: Neue Funktionalitäten. Aber wenn wir uns mal anschauen im Moment, welche Entwicklungszeiträume die Best Practices, die jetzt gerade so durch den Markt rumgehen, haben, die neuen Höfe in Herne, das ist eine Immobilie, die 2009 leer gefallen und die hat bis zur Revitalisierung zur Wiederöffnung 13 Jahre gebraucht. Unser Leben, wenn wir uns mal überlegen, wie schnell Digitalisierung unser Leben verändert, Shared Economy unser Leben verändert, müssen wir in den Entwicklungshorizonten schneller werden und wir müssen viel flexibler in den Nutzungsarten werden. Wer weiß denn, was in 5 Jahren unsere Arbeitswelt wirklich dann bedeutet? Sind wir alle im Home Office? Sitzen wir nur noch im eigenen Kokon daheim oder wie wird wirklich gearbeitet? Das kann, glaube ich, niemand valide sagen und wir brauchen keine Mixed Use Immobilien, wir brauchen Flex Use Immobilien. Jetzt eine Nutzung, wo man sagen kann, Menschen in 5 Jahren, wenn der Trend in die andere Richtung kippt, kann ich es sofort wieder in eine andere Nutzung bringen und wir müssen schneller, flexibler auf diese Herausforderung reagieren und auch dafür ist es gut, die Kommunen eng am Boot zu haben, weil das Thema Experimentierräume, Reallabore wird überall gehypt, aber gelebt wird es noch nicht und da müssen wir hin.

Thomas Stini: Aber das ist doch so schön, finde ich, an der Zusammenarbeit, die wir da, die wir eben gegründet haben, Stefan, eben genau, was du eben sagst ist, die Kommunen, die Ideen sind ja da, die spielen ja rum. Also das Thema ist ein gesellschaftliches Thema, das ist jetzt nicht nur an den Architekturfakultäten, die sich jetzt damit auseinandersetzen können, sondern eben auch der Bürgermeister oder die Wirtschaftsförderung in der Kleinstadt betrifft dieses Thema. Und es gibt natürlich diese großen, schönen Standorte wie in Regensburg, dieses Haus am Platz eben belegt ist durch diese Immobile und dann gibt es natürlich auch die anderen wie Wittenberge, wo es vielleicht irgendwie das kleinere Shoppingcenter ist, das war vielleicht jetzt nicht genauso sortenrein wie die Handelsimmobile, von der wir sprechen, aber diese Situation trifft eben in verschiedenen Bereiche eben gleich ein. Und ich glaube eben auch, mit, die Stadtretter, die haben einfach so einen tollen Blick von außen drauf zu gucken und stellen einfach die frechen Fragen und legen den Finger so in die Wunde und um das geht es ja eben auch, sich sagen zu trauen: Hey, ich habe es noch nicht verstanden, um was reden wir denn hier eigentlich? Weil wenn wir aus der Immobilienwirtschaft kommen und aus der Planung kommen, wir sehen ja natürlich auch nur die Dinge, die wir sehen und das ist ja schon irgendwie, das gilt ja natürlich wie in anderen Bereichen auch, wir wissen nicht, was wir nicht wissen. Und auf einmal ist es ein gesellschaftliches Thema geworden, es ist jetzt nicht nur eben der Investor und der Asset Manager, der sich damit auseinandersetzt und irgendwie guckt da irgendwie neue TK Maxx oder einen neuen COS irgendwie anzusiedeln. Sondern die Frage ist jetzt eben: Was braucht dieser Standort, um den wieder zu beleben? Und die Metapher, die man eigentlich ja hier sucht, ist ja dieses Kartenhaus, das zusammengebrochen ist und ich werde nicht müde eigentlich, das da schon auch noch mal zu unterstreichen. Per se geht es um diese Immobilie, die noch in diesem Zentrum eben steht, aber alles andere ist ja auch bereits zusammengestürzt oder ist eben dabei, umzufallen. Und genau diese Kettenreaktion, die eben ausgelöst wurde, ja, da hingehend, muss man sich eben aufstellen und muss man eben was machen. Und das finde ich eben gut in unsere Zusammenarbeit, Stefan, dass ihr sagt, ihr seht die Dinge, wie ihr sie seht. Aus unserem Netzwerk heraus sehen wir die Dinge, wie wir sie sehen. Aber wir bringen vor allem eines mit, das ist eben die Bereitschaft, den Willen zuzuhören und die Methodik, das zu sortieren, zu priorisieren und eben Handlungsempfehlungen gemeinsam auszusprechen. Und ich glaube, wir bilden hier eine Superplattform eben für Kommunen, für Gemeinden, für verschiedene Städte, die eben sagen: Wir haben die jetzt noch nicht angekauft und wir wisse ja gar nicht, wohin es geht, aber wir trauen uns trotzdem den ersten Schritt hier zu setzen, um eben mit den Stadtrettern und der NEW LIFE Initiative gemeinsam zusammenzuarbeiten. Und das ist eben die erste richtige Richtung, weil wir die Betriebswirtschaft eben genauso eben auf dieselbe Ebene stellen, wie eben: Was möchte die Stadt? Welches Zielbild verfolgt in die Stadt. Welche Story möchte ich denn erzählen, als Bürgermeister?

Albert Achammer: Vielleicht etwas ganz Spannendes ist, Teil unserer, unserer Gesprächsrunde war auch die Wirtschaftsförderung von Hannover. Und in Hannover gab es ein ganz schönes Beispiel von einer Interimsnutzung für so einen Kaufhof, das haben die aufhof genannt in Hannover, ist ein ganz tolles Beispiel. Und obwohl jetzt die Immobilie für sich betrachtet wirtschaftlich nicht gerade erfolgreich war, weil das eine Interimsnutzung war, hat das doch unfassbar interessante Ausschläge in die Umgebung gebracht. Nämlich die, der Einzelhandel, der rundherum war, der ist durch diese Interimsnutzung von diesem aufhof, sind die Umsetzung um über 30 Prozent gestiegen. Und allein das ist eigentlich ein total interessanter Nebeneffekt oder Sekundereffekt, der eben da zu führen kann, dass man sich als Quartier oder als größerer Kreis sozusagen mal überlegt: Was kann man mit diesen Dingen machen? Und wir sind ja jetzt auch nicht, also ich spreche zumindest mal für ATP, wir sind jetzt auch nicht eine non-governmental Organisation, sondern wir sind natürlich auch wirtschaftlich getrieben. Das heißt, wir wollen natürlich mit unserer Arbeit einerseits schon die Welt besser machen und andererseits muss das natürlich auch wirtschaftlich funktionieren und genau dasselbe kann man natürlich auch anderen Beteiligten unterstellen, die mit so einer Immobilie zu tun haben oder zu tun hätten. Aber das muss nicht im Widerspruch miteinander liegen. Und ich glaube, das ist auch nochmal wichtig zu sagen. Die Frage ist nur: Wo sieht man die Grenze und wie definiert man sowas? Weil wenn ich sage: Jeder denkt nur in seinem Gilo, in seinem Kästchen, dann kannst es durchaus sein, dass es für einen unprofitabel ist. Aber wenn man wirklich mehr wieder anfängt, in Quartieren zu denken, vielleicht in Quartiersmanagement zu denken. Ich meine in Hamburg geht gerade eine relativ interessante Innenstadt an den Markt, wo Quartiersmanagement betrieben wird und trotzdem eine Art von Multikulti und Multifunktionalität passiert, da wird sich zeigen, ob das funktioniert. Das ist aber im Prinzip das, was unsere Innenstädte eigentlich schon seit Jahrhunderten liefern und leisten und was jetzt teilweise manchen unserer Innenstädte abhanden gekommen ist. Und diese Wiederbelebung oder dieses neue Leben für diese Warenhausimmobilien könnte ein wunderbarer Impuls sein, um auch unseren Innenstädten neues Leben einzuhauchen.

Frank Rehme: Die große Frage ist jetzt, wenn ich jetzt diesen Podcast höre und ich bin verantwortlich in einer Stadt, entweder als Stadtplaner oder als Bürgermeister, wie kann ich von eurem Wissen profitieren? Wie trete ich mit euch in Kontakt? Wo finde ich euch? Wie läuft so ein Prozess danach denn ab, wenn wir uns mal jetzt zusammengetan haben? Womit muss ich eigentlich rechnen an Aufwand, den wir letztendlich auch personell erbringen müssen?

Stefan Müller-Schleipen: Der Prozess ist eigentlich erst mal drüber zu reden, sprich mit uns Kontakt aufzunehmen und mal zu schildern, was die Herausforderung ist. Und der Thomas hat gesagt, ja, diese Warenhäuser haben Funktionalität verloren, aber der umliegende Einzelhandel ist dann auch am kippen, weil der Frequenzbringer fehlt. Und die Herausforderungen sind ja ganz unterschiedlich: Mal möchte die Kommune die Immobile kaufen, mal hat sie Kontakt zum Eigentümer, einen guten oder einen besseren, mal hat sie gar keinen Kontakt. Wichtig ist erst mal, zu uns zu kommen und zu sagen: Das und das ist die Herausforderung. Wie kann man da rangehen? Und dann wissen wir, weil wir es schon ein paar Mal gemacht haben, wie man da rangeht oder wie andere Städte und Gemeinden damit umgehen, um so mal auf einer ganz niederschwelligen Basis erst mal drüber zu reden. Und dann versuchen wir alle Beteiligten mit dem interdisziplinären Team an einen Tisch zu kriegen und mal initial so einen Quick Check zu machen: Wie ticken die denn eigentlich alle? Wo wollen sie denn hin? Haben die gemeinsames Ziel oder wie kriegt man sie dahin? Und uns dann mal auch die Immobile anschauen. Das ist der Initialaufwand, eine E-Mail, ein Telefonat und dann mal zu gucken, wie ist der Status Quo und wie kriegt man die Kuh vom Eis und bisher haben wir sie immer vom Eis gekriegt.

Thomas Stini: Wenn ich da anschließen darf. Der erste Schritt ist ja, sich mal trauen zu sagen: Man hat hier ein Thema und man braucht eigentlich eine Lösung von außen. Das ist ja mal das Erste. Und dann ist man schon relativ weit. Das kennen wir doch alle aus dem Beruflichen wie aus dem Privaten. So und hier haben wir ein Thema, ich brauche Hilfe von außen. Und genau das, was Stefan eben gesagt hat, wir haben hier ein interdisziplinäres Team und wir haben eben nicht nur die Methodik und eben auch die Ansätze, um hier Transparenz herzustellen. Also wir haben eben für uns so einen Quick Check entwickelt, der eben so ein vier-Stufen-Modell verfolgt. Die erste Stufe ist eben genau basierend auf das, was Stefan gerade gesagt hat: Rahmenbedingungen definieren und die Anforderungen zu verstehen. Und dann ist es ja oft qualitativ, als auch quantitativ. Und oft es sind, etwas Quantitatives, es ist immer messbar, es ist eine Zahl und die ist relativ gut einordbar und dann gibt es ganz viele Qualitäten und die sind meistens basierend auf Meinungen. Die ist sehr wichtig, die zu ordnen. Die kann man ja nicht liegen lassen, sondern die muss man mitgenommen worden, die müssen geordnet werden. Und im dritten Schritt von unserem Quick Check geht es darum, eben auch Prioritäten zu setzen. Also das Team auf der gegenüberliegenden Seite und unser Team, das Projektteam, versucht dann eben auch gemeinsam zu sagen, aus diesem Potpourri der Möglichkeiten gilt es, eben auch eine Melange zu bilden und eben auch Prioritäten zu setzen. Um eben, und das ist ja meistens das Problem in der Welt, wo alles möglich ist, passiert dann meistens nichts, weil es einfach zu viel ist und zu komplex ist. Und genau in diesen drei Schritten, Transparenz herstellen, Meinungen ordnen, Prioritäten setzen, haben wir schon mal die ersten Schritte gemacht. Und das sind so Workshops, eintägige Workshops, zweitägige Workshops, die man gemeinsam, die Stadtretter und die NEW LIFe Initiative eben gemeinsam eben durchführt, geht es darum dann, im vierten Schritt Wege aufzuzeigen. Die ersten, man nennt es ja so schön, die Low Hanging Fruits oder die ersten Quick Wins, wie kann man hier eben zeigen, dass sich was bewegt, dass eben Ideen entstanden sind und eben auch wer mitgenommen werden muss, ob es eben die Meinungsträger sind, die Wissensträger sind, die Entscheidungsträger sind, um halt hier die ersten Ergebnisse eben auch bereits aufzählen zu können. Und das ist eben so ein Leistungsbild, Quick Check NEW LIFE, was die Stadtretter eben und die NEW LIFE Initiative bestehend aus der ATP und der Redserve gemeinsam eben für den Kunden oder eben für die Gemeinden, für die Kommunen eben entwickelt haben und was wir bereits eben sehr stark eben auch bearbeiten dürfen.

Albert Achammer: Vielleicht ergänzen dazu noch nur ganz kurz, das ist kein Standardleistungsbild. Also wir können unmöglich zu jeder Kommune, zu jeder Stadt mit demselben Programm hingehen. Jede Stadt und das, was der Stefan ganz am Anfang angesprochen hat, muss erst einmal oder jede Kommune muss erst einmal sagen: Wo drückt bei mir eigentlich der Schuh? Und dementsprechend kommen wir auch mit anderen Leuten. Also manchmal braucht es jemanden, der sich mit Denkmalschutz auseinandersetzt und manchmal braucht es jemanden, der sich mit Immobilienökonomie auseinandersetzt und manchmal braucht es jemanden, der sich mit Landschaftsarchitektur oder Water Waste Management einer Stadt auseinandersetzt. Weil auch das sind alles Dinge, wo sich Städte heutzutage viel damit auseinandersetzen und positionieren dann. Und wir können eben nicht mit einem Einheitsbrei hier über jede Stadt durchfahren und deshalb ist es eben auch nicht ein skalierbares Produkt, sondern es ist ein sehr individuelles Produkt, das wir maßschneidern, womit wir versuchen, eine Grundlage zu legen, mit der eine Kommune, eine Stadt dann was in der Hand hat, womit man dann sagen kann: Okay, mit dem haben wir eine belastbare Grundlage und mit dem laufen wir los. Mit uns oder ohne uns. Aber erst einmal sozusagen dieses Fundament zu schaffen, weil was wir momentan viel sehen ist, es wird vor lauter Panik oder Euphorie oder beides zusammen, einfach mal was los geplant. Und dann werden sehr engagierte Planerinnen oder sehr engagierte Projektentwickler oder wie auch immer, werden dann beauftragt, mal eine Machbarkeitsstudie zu machen. Das ist so das Lieblingswort momentan. Und dann sind viele schöne Bilder entstanden, die aber leider überhaupt nicht belastbar sind. Und wir glauben halt stark, dass du, bevor du die vielen schönen Bilder machst, klar, du kannst die Vision auch in diesem Prozess vorne schon aufzeigen, aber bevor du eigentlich viele schöne Bilder und Pläne und Visionen machst, eigentlich dir mal klar darüber werden musst, wo du als Stadt hin möchtest mit dem. Und da sind wir eigentlich, da setzen wir an und da wollen wir helfen.

Frank Rehme: Ja, und das ist genau das Richtige, glaube ich, denn wir wollen von dem Einheitsbrei ja weg. Der Einheitsbrei hat ja eigentlich auch dazu geführt. Ich sage besten Dank, wer sich also informieren möchte und natürlich auch Hilfe braucht an der Stelle, kann sich gerne dann an die Stadtretter wenden. Link und so weiter dazu alles in den Show Notes. Ich danke euch für eure Zeit und ich sage, hoffentlich brauchten wir euch in Zukunft dann nicht mehr, weil die Städte dann wieder alle vital sind und für euer tägliches Geschäft wünsche ich natürlich wie immer fette Beute. Alles klar.

Outro: Die Stadt Retter – Der Podcast

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