Urban Transformation

Bei dan pearlman stellen wir uns mit der Dan Academy die Frage, wie wollen wir leben und arbeiten? Gerade jetzt ist diese Frage aktueller denn je. Einerseits ringen wir täglich um neue Antworten auf die akuten Herausforderungen durch die Coronavirus-Pandemie. Andererseits wollen wir ganz bewusst einen gedanklichen Blick in die Zukunft werfen und Mut machen, unsere Gesellschaft und Wirtschaft mit Expertise, Kreativität und Optimismus neu zu denken.

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URBAN TRANSFORMATION

Karen Klessinger, dan pearlman GROUP

Was macht die Krise mit unserer Gesellschaft und Wirtschaft?

Zunächst verstehen wir jeden Tag aufs Neue, dass die durch ein Virus ausgelöste Krise unendlich vielschichtige, globale Transformationsprozesse auslöst. Gleichzeitig spüren wir, wie privilegiert wir in Deutschland leben und wie sich dennoch überall alte soziale Ungleichheiten zeigen und erneut verfestigen. Corona ist vor allem eines – entlarvend. Alle Versäumnisse werden sichtbar. Und wir werden „gezwungen“ Dinge einfach zu tun, die wir längst tun und anpacken wollten, aber nie wussten wie. Andere Dinge lassen wir einfach weg – und vermissen nichts.

Alle Menschen durchleben gleichermaßen eine Phase großer Verunsicherung und Sorge und doch erweist sich die „Not“ für die Mehrheit als ein schwer zu greifendes, fast theoretisches Wesen, das uns zunächst zu Panikkäufen anstiftete und nun droht den Soziophob in uns heraufzubeschwören. Anders, als wohl in fast allen historischen Krisen oder Pandemien, gar Kriegszeiten, können wir uns in Deutschland und anderen Teilen Europas in der jetzigen Krise auf ein stabiles Versorgungssystem mit Lebensmitteln, auf staatliche finanzielle Hilfsprogramme und ein professionelles Gesundheitssystem verlassen. Dennoch erleben wir aktuell ein wirtschaftliches und soziales Desaster. Es ist einer dieser historischen Momente, durch den wir gemeinsam durchmüssen – Ausgang ungewiss.

Ungewissheit kann lähmen und demotivieren oder die Gestalter und Macher in jedem von uns wecken und radikales Denken ermöglichen. Nicht umsonst heißt es, Not macht erfinderisch. Not war also immer auch ein Nährboden für erfinderisches Denken. Dies gilt auch für die Not der Verlangsamung, Isolation, Beschränkung, der Distanz. Daher suchen wir als Kreative und Gestalter immer die Chance in der Krise und erdenken ganz kleine und ganz große Lösungen, um einen gesamtgesellschaftlichen Wandel zum Besseren zu ermöglichen.

Ich bin davon überzeugt, wir können jetzt die dringende Neufokussierung auf das „Lebenswerte“, auf Freude und Sinn, voranbringen. Alle Generationen, mitten drin die Millenials und Gen X,Y,Z, haben die Chance auf einen evolutionären Phasensprung, anstatt „nur“ die Corona-Krise zu überwinden und „back to normal“ zu gehen. Wir wollen gar nicht alles „back“, sondern hin zu einem „better normal“ und zum Beispiel endlich mit der gleichen Entschlossenheit den Klimawandel und alle dafür notwendigen Veränderungen anpacken. Planet, People, Profit – genau in dieser Reihenfolge werden Zukunftsentscheidungen in allen Projekten zu treffen sein, um nachhaltig Werte und Profit zu schaffen.

Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Stadtplanung und Stadtentwicklung?

Auch im Urban Planning wird die Corona-Krise ein Game Changer sein. Wenn wir einen Blick in die Historie werfen, sehen wir, dass große Pandemien wie die Pest oder die Spanische Grippe unmittelbaren Einfluss auf die Gestaltung und Architektur unserer Städte hatten, auf unsere Wahrnehmung von Sicherheit und sozialer Nähe oder auf Hygienestandards. Eine funktionierende Kanalisation, eine städtische Wasserversorgung oder eigene Bäder in privaten Haushalten waren die direkte Folge früherer Pandemien.

Die Frage, die ich mir derzeit stelle ist: Was wird die Hygienemaßnahme unserer Zeit als Antwort auf die aktuelle Pandemie sein? In Teilen ist das sicher die Digitalisierung, teilweise auch genaue ihr Gegenteil, die Abwesenheit des Digitalen.

Für die digitale Steuerung vernetzter städtischer Planungen, für Bürokratie und Infrastruktur wirkt Corona wie ein Katalysator. Und die Sustainable Development Goals der UN sind aktueller denn je.

Darüber hinaus werden wir uns intensiv mit einem neuen „Verdichtungs-Management“ für unsere Städte auseinandersetzen müssen. Meiner Meinung nach stehen wir vor dem Zeitalter der hyperlokalen Nachbarschaften in einer globalisierten Welt.

Konzepte wie die „Walkable City“ oder „die Stadt der kurzen Wege“ werden nun ihren großen Durchbruch erleben. Jetzt lernen wir die „15min City“, wie es die Pariser Bürgermeisterin nennt, eine Stadt, in der wir alles Nötige in der Nähe und in einer produktiven Durchmischung haben, besonders schätzen. Hier rücken Wohnen und Arbeiten wieder physisch näher zueinander, um in der Durchmischung echte Resilienz zu erzeugen. Hier werden Lebensmittel und andere Produkte so lokal wie möglich produziert, auch um unabhängiger von langen Lieferketten zu werden. Nachbarschaften stehen für Beziehungsgeflechte. Wie wertvoll diese sind, sehen wir gerade aktuell, wenn in der Krise Kunden durch solidarische Gutscheinkäufe und andere Maßnahmen zu Förderern und Partnern von Händlern und Dienstleistern werden. Lokale Lieferdienste, z.B. per E-Bike, erhalten in der Krise ganze Ökosysteme. Händler oder Gastronomen, von Döner bis Sternekoch, eröffnen den guten, alten Straßenverkauf und Drive-In. Parkplatz-Wüsten werden zu Kultur-Orten für Drive-in-Konzerte. Die Beispiele an kreativen Lösungen für eine lebenswerte Stadt, sind in der Krise stärker als zuvor. Viele dieser kreativen Lösungen werden die Stadt auch nach der Krise bereichern.

Im Planungsprozess versuche ich, mir Destinationen und Städte aus den Augen unserer Kinder anzusehen, denn Lösungen, die gut für die Kleinsten oder Schwächsten in unserer Gesellschaft sind, sind meistens automatisch auch gut für alle anderen. Schon vor der Krise haben wir den Ansatz der „Playful City“ verfolgt und gefragt, wie kann die ganze Stadt zum generationsübergreifenden Spielplatz werden? Das meint nicht „ein Mehr“ von kleinen eingezäunten Spielplätzen, sondern offenere Begegnungsorte, die sich verschiedene Nutzer „aneignen“ können, z.B. zum Tanzen oder Sport machen. Für mich sind das Orte, die zufällige Begegnungen fördern und ein direktes Nebeneinander von Nutzungen ermöglichen. Dazu gehören ein durchgängiges Netz an breiten Fahrradstrecken, mehr Grünflächen, breitere Gehwege und viele kleine, hybride Freiraum-Inseln. Ein fantastisches Beispiel sind die Superblocks in Barcelona, wo Autos nicht verbannt wurden, aber die Straßen zwischen den Wohnblocks nun auch kleine Tartanbahnen, Spielekioske und alle nur erdenklichen, einfachen Angebote für ein nachbarschaftliches Miteinander vereinen.

Qualitative, hybrid nutzbare öffentliche Räume werden zum Backbone der künftigen Stadtplanung.

Wie packt man jetzt die Zukunft an? Was hilft dabei?

Wir spüren aktuell wie nie zuvor, dass wir in einer globalisierten Welt leben. Alles ist verbunden – „everything is connected“. Wir sind im Guten wie im Schlechten voneinander abhängig. Deshalb müssen wir uns als Weltgemeinschaft verstehen und entsprechend gemeinsam handeln, anstatt nur in Kleinstaaten und Landesgrenzen zu denken. Ich plädiere dafür, starke Narrative aus der Krise zu ziehen. Anstatt ungesundes Social Distancing zu ertragen, brauchen wir städtebauliche Lösungen für ein Sociable Distancing mit vielen soften Übergängen. Das erfordert Innovationsgeist in den Städten und Gemeinden. Disziplinübergreifend wird es noch mehr als zuvor um Co-Creation gehen. Mein Wunsch ist auch, dass wir in ein ökologisches Zeitalter eintreten. Dabei müssen wir mehr schaffen als die oftmals romantisierten Pionierformen des Urban Gardenings oder Stadt-Imkerns (die alle wichtig sind). Zukünftig wird es um eine neue Symbiose aus Ökologie und Technologie gehen, die Leben und Gesundheit ganzheitlich in den Mittelpunkt stellt.

Deshalb wünsche ich mir, dass Projektentwicklungen die Krise als Phasensprung nutzen, um eine bessere Zukunft zu gestalten und eine neue Kultur des (Möglich-) Machens, der Co-Creation, hyperlokaler und produktiver Nachbarschaften und eine „Befreiung vom Zuviel“ schaffen. Wollten wir das nicht sowieso schon alles längst gemacht haben?

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Diana Bennewitz
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