Stadtretter-Podcast

Stadtretter-Podcast #26 – “Warum wird in Deutschland nicht gebaut? Bodenpolitik im Fokus”




Stadtretter-Podcast #26

“Warum wird in Deutschland nicht gebaut? Bodenpolitik im Fokus”


Folge #26 ganz neu für euch!

In Folge #26 sprechen wir mit Dr. Thomas Spiegels, Rechtsanwalt für Bau- und Immobilienrecht, (u. a. 15 Jahre bei STRABAG in Projektentwicklung) und Thomas Müller, Geschäftsführer der TERRAMAG GmbH, (Experte für kommunale Baulandentwicklung in dritter Generation)  die Wohnraumknappheit in Deutschland und identifizierten die Ursachen in hohen Baukosten, Bodenpreisen und mangelnder Verfügbarkeit von Flächen, wobei Thomas Müller die Bedeutung der Bodenpolitik hervorhob.


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Intro: Die Stadtretter – Der Podcast

    • Hintergrund und Vorstellung der Experten Frank Rehme und Stefan Müller-Schleipen eröffneten den Stadtretter Podcast mit dem Fokus auf die Themen Wohnraum und Immobilien in Deutschland. Sie begrüßten Dr. Thomas Spiegels, einen Rechtsanwalt für Bau- und Immobilienrecht, und Thomas Müller, Geschäftsführer der Terram GmbH und Vermesser in dritter Generation der Bau- und Immobilienwirtschaft, als Experten für diese Diskussion. Thomas Müller hob hervor, dass er traditionell Kommunen bei der Ausweisung und Aktivierung neuer Wohnbauflächen unterstützt und Einsichten in die Schwierigkeiten der Immobilienaktivierung aus kommunaler Sicht geben kann.
    • Ursachen der Wohnraumknappheit Frank Rehme sprach die gesellschaftlichen Auswirkungen der Wohnraumknappheit und explodierender Mieten an und hinterfragte die Gründe für das Scheitern der Bauziele der Regierung. Thomas Spiegels erklärte, dass neben den steigenden Baukosten, die aufgrund der Marktlage und technischen Vorschriften zu hoch sind, auch die weiterhin hohen Bodenpreise und die mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Flächen für den großflächigen Wohnungsbau eine Rolle spielen. Thomas Müller stimmte dem zu und kritisierte, dass sich die öffentliche Diskussion zu sehr auf die Baukosten und Regularien konzentriert, aber die Bedeutung der Bodenpolitik zur kostengünstigen Baulandgewinnung ignoriert wird.
    • Regionale Unterschiede und Urbanisierung Frank Rehme warf die Frage auf, ob die Wohnraumknappheit nicht eher ein Problem urbaner Räume sei, da auf dem Land Bauland günstig verfügbar sei. Thomas Müller und Thomas Spiegels erklärten, dass Menschen aufgrund von Arbeitsplätzen und Lebensqualität in Metropolregionen ziehen und dort der Bedarf am größten sei, auch wenn ländliche Gebiete durch Homeoffice beliebter geworden sind. Thomas Spiegels betonte, dass es auch in Ballungszentren genügend Flächen gebe, wie leerstehende Industriebrachen, ehemalige Bundeswehrstandorte oder innerstädtische Einzelhandelsobjekte, die für Wohnraum aktiviert werden könnten.
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  • Herausforderungen und Instrumente der Baulandaktivierung Stefan Müller-Schleipen bat um Erläuterungen zu den Fehlern in der Bodenpolitik und Verbesserungsmöglichkeiten. Thomas Müller erklärte, dass die Aktivierung von Bauland oft daran scheitert, dass Flächen in privater Hand sind und die Gewinnung der Verfügungsgewalt schwierig ist. Er stellte die Instrumente der Baulandumlegung und der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme vor, kritisierte jedoch, dass die Umlegung den Wertzuwachs zu 100 % den Eigentümern zugutekommt, während die Entwicklungsmaßnahme mit langen Laufzeiten und gerichtlichen Auseinandersetzungen verbunden ist. Thomas Spiegels ergänzte, dass die Instrumente an sich funktionieren, aber der Interessenkonflikt zwischen privaten Eigentümern und öffentlichen Interessen zu Verzögerungen führt.
  • Verbesserungsbedarf und rechtliche Anpassungen Thomas Müller hob hervor, dass die Kommunen in diesen Instrumenten gefangen seien und der Erfolg kommunaler Baulandmodelle wie dem Frankfurter Baulandbeschluss begrenzt sei, da gesetzliche Grundlagen auf Bundes- und Landesebene fehlen und oft die Zustimmung jedes einzelnen Grundstückseigentümers benötigt wird. Stefan Müller-Schleipen fragte nach Möglichkeiten zur Beschleunigung der Innenentwicklung bei Schrottimmobilien und Leerständen. Thomas Müller erklärte, dass auch im Innenbereich die gleichen Probleme des Eigentumsschutzes und der Interessenausgleich bestehen und rechtlich unsicheres Terrain betreten wird. Thomas Spiegels schlug vor, Eigentümer positiv zu motivieren, anstatt ihnen mit Drohgebärden zu begegnen, um sie zur Wohnentwicklung zu bewegen.
  • Umgang mit Spekulation und finanzielle Unterstützung für Kommunen Frank Rehme führte das Beispiel einer 32 Hektar großen, seit 20 Jahren leerstehenden ehemaligen Glashütte in Düsseldorf an, deren Bodenwerte durch Spekulanten extrem in die Höhe getrieben wurden, was die Rentabilität für Bauherren mindert. Thomas Müller erklärte, dass spekulativer Handel oft durch Gesellschaftstransaktionen statt Grundstücksverkäufe erfolgt, was Kommunen keine Vorkaufsrechte ermöglicht. Thomas Spiegels sah Möglichkeiten für die Stadt, über das Planungsrecht Druck auszuüben, um Entwicklungen zu beschleunigen und andere Akteure wie genossenschaftliche oder kommunale Wohnungsbauer einzubinden. Stefan Müller-Schleipen sprach die Frage nach ausreichendem Know-how und Personal bei den Kommunen an. Thomas Müller nannte die desaströse kommunale Finanzsituation und den fehlenden politischen Willen der Bürgermeister aufgrund des Stresses durch Baulandausweisung als Probleme und forderte finanzielle Anreize und Unterstützung für Kommunen, die aktiv neue Baugebiete erschließen.
  • Vorbild Wien und politische Forderungen Frank Rehme fragte, warum das erfolgreiche Wiener Modell des Sozialwohnungsbaus nicht übernommen werden kann. Thomas Spiegels betonte, dass Wien eine lange Tradition und eine „DNA“ für soziale Wohnungspolitik habe, die in Deutschland fehle, und dass der politische Wille und eine klare Haltung der Städte entscheidend seien. Thomas Müller ergänzte, dass Wiens Erfolg auf einer jahrzehntelangen, zielgerichteten Bodenpolitik beruht und nicht von heute auf morgen kopierbar sei. Er betonte die Notwendigkeit einer Diskussion über die Gewichtung zwischen dem Schutz des Eigentums und dem Allgemeinwohl der Wohnraumversorgung und forderte gesetzliche Änderungen, die möglicherweise bis vor die höchsten Gerichte gehen werden, um den Schutz des Eigentums zurücktreten zu lassen.
  • Konkrete Handlungsempfehlungen für das Bundesbauministerium Thomas Müller schlug vor, das Thema „Share Deals“ schnell anzugehen, damit Kommunen ein Vorkaufsrecht zum reellen Verkehrswert ausüben können. Er forderte außerdem eine Reform des Umlegungsrechts im Baugesetzbuch, um die Baulandbereitstellung handbarer zu machen, und einen Mentalitätswechsel in den Kommunen, damit diese die Wohnraumbereitstellung als gemeinsame Aufgabe verstehen und finanzielle Unterstützung für den Aufbau sozialer Infrastruktur erhalten, wenn sie aktiv sind. Thomas Spiegels stimmte zu, dass eine Klarstellung des Vorkaufsrechts im Baugesetzbuch Unsicherheiten lösen würde, betonte jedoch, dass das Eigentumsrecht als Basis erhalten bleiben sollte, da es auch Verpflichtungen mit sich bringt. Er sprach sich dafür aus, das Umlegungsverfahren stärker mit anderen städtebaulichen Instrumenten zu verknüpfen, um Planungs- und Umlegungsverfahren innerhalb von zwei Jahren abzuschließen, anstatt der üblichen sieben bis zehn Jahre.
  • Fazit und Ausblick Stefan Müller-Schleipen fasste zusammen, dass Probleme nur im Diskurs gelöst werden können und es wichtig ist, schnell zu handeln und Schwächen abzustellen, anstatt mit veralteten Methoden fortzufahren. Er hob die Idee der kooperativen Baulandentwicklung hervor, bei der Stadt und Projektentwickler gemeinsam handeln. Frank Rehme betonte die Komplexität der gewachsenen Strukturen, unterstrich aber die Dringlichkeit, den ersten Schritt zur Lösung des Problems der Wohnraumversorgung zu machen, da es für die Gesellschaft von großer Bedeutung sei.

Outro: Die Stadtretter – Der Podcast

Team Stadtretter

Wissenstransfer - Tools - Projekte Austauschen, adaptieren, voneinander lernen und in die gleiche Richtung gehen.

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